1. Tag, Donnerstag, 3. Oktober 2002, 437 km
Der Wetterbericht war eigentlich nicht so sehr berauschend, aber immerhin so gut, daß wir uns entschlossen, unseren Kurztrip zum Nürburgring zu starten. In Cottbus sind wir so gegen 9.30 Uhr losgefahren, bei schönstem Wetter und knappen 20 Grad. Erst mal zum Kilometer schruppen auf die Autobahn und an Dresden vorbei, Chemnitz vorbei zum Hermsdorfer Kreuz. Bis kurz vor Gera war das Wetter stabil, dann kamen die ersten dunklen Wolken und auch ein kurzer Schauer, den wir für eine Kaffeepause an einer Tanke nutzten. Dann noch bis Triptis auf der Autobahn weiter, um dann endlich auf Landstraßen abzubiegen. In Ranis sahen wir ein sehr schönes Schloß, das wir uns eigentlich mal anschauen wollten, aber da hätten wir ein ganzes Stückchen laufen müssen. Nee, irgendwie hatten wir dazu heut keinen Bock, also wieder rauf auf selbigen und weiter in Richtung Talsperre Hohenwarte. Hier haben wir uns ein schönes Kaffeepäuschen gegönnt, Heike gab sich mit nem Kakao zufrieden. Über Saalfeld sind wir dann durch's Schwarzatal, sah auf der Karte richtig bikermäßig aus. In Wirklichkeit ist es zwar landschaftlich wirklich sehr schön und Kurven sind auch reichlich da, aber die Straßen sind teilweise grauenvoll. Danach bewegten wir uns in Richtung Rennsteig, mit reichlich Nebel und Temperaturen unter 10 Grad sowie Nieselregen. Also zügig Richtung Suhl, um eine Unterkunft für die Nacht zu suchen. Dabei konnte ich mir aber nicht verkneifen, trotz des schlechten Wetters noch eine eigentlich gesperrte Straße hoch zum "Schwarzen Kopf" zu fahren, denn hier habe ich einige Monate meiner Armeezeit verbracht. Das Objekt gibt es noch, ist aber verlassen, sieht auch entsprechend runtergekommen aus und wird von ein paar Hunden bewacht. Also wieder runter nach Zella-Mehlis, denn inzwischen hatte es gleichmäßig angefangen zu regnen und uns war einfach nur noch kalt. In Zella-Mehlis hatten wir schon bei der Hochfahrt ein lustig anzuschauendes Gebäude gesehen, das sich als Motel "Toschis Station" entpuppte, in dem wir uns für 27 Euro ein Zimmer ohne Frühstück nahmen. Nachdem wir uns im schönen und zweckmäßigen Zimmer geduscht und umgezogen hatten, gingen wir zum Abendessen, erst für Heike zum gleich daneben liegenden McDoof (was finden die Teenys bloß an diesem Zeugs?), dann noch für mich in Toschis Restaurant. Die Bedienung war sogar so nett, estra von einer Kollegin aus dem Privatbestand einen Teebeutel Marke "Weihnachtsmischung" zu besorgen, weil Heike gern einen solchen Tee trinken wollte. Gut gesättigt und müde verschwanden wir bei gleichmäßigem Landregen in unserem Zimmer.

2. Tag, Freitag, 4. Oktober 2002, 399 km
Früh der erste Blick aus dem Fenster - Mist, alles naß und regnet noch leicht. Aber bis wir mit der Morgentoilette und dem Frühstück (wegen Heike wieder bei McDoof) fertig waren, hatte der Regen aufgehört und es klarte auf. So düsten wir gegen 9.30 bei nasser Straße und 11 Grad, aber ansonsten schönem Wetter los. Als erstes fuhren wir noch mal zum "Schwarzen Kopf" hoch, denn Heike wollte das Objekt noch mal sehen, in dem Papa bei der Armee war. Durch ein Loch im Zaun konnten wir sogar rein, aber nur ein Stückchen, denn als weiter oben die Hunde begannen zu bellen, sind wir schnell wieder raus.

Also los in Richtung Eifel. Über Meiningen, Kaltennordheim, Ehrenberg fuhren wir als nächstem Etappenziel zur Wasserkuppe. Obwohl das Wetter immer besser wurde, fröstelten wir doch ganz schön, und gerade auf der Wasserkuppe waren wir wieder bei unseren morgendlichen 11 Grad angekommen. Also erst mal einen schönen heißen Tee und dann doch wieder recht zügig runter vom Berg, denn wie sagt die alte Bikerweisheit: Je tiefer desto warm! Dies sollte sich auch bestätigen, denn je weiter westlich wir kamen, umso wärmer wurde es. Über Gersfeld, Eichenzell und Neuhof kamen wir auch durch Rommerz, ein kleiner Ort mit Bergwerken drumrum. Imposant sah ein Berg (vermutlich Kali) aus, der durch die Wolkenformation aussah als wenn er dampfen würde. Die weiteren Kilometerchen waren geprägt von irgendwelchen benannten Straßen, z.B. die Deutsche Märchenstraße, die Deutsche Alleenstraße und die Deutsche Fachwerkstraße. Warum heißen die Dinger immer "Deutsche...", daß man in Deutschland ist, dürfte wohl jeder Touri mitkriegen. Und eine Straße fehlt noch, die Deutsche Bikerstraße. Ich glaube da besteht noch dringender Nachholebedarf. Um zügig vorwärts zu kommen, nutzten wir bis Limburg ein Stückchen die Autobahn und dann die E44. Ab Eppenburg ging es dann auf traumhaften Strassen über Isselbach, immer am Gelbach, später an der Lahn entlang nach Koblenz. Hinter Koblenz wollten wir uns dann ein Hotel suchen, was uns in Mayen "Zum dicken Baum" auch gelang. Ein sehr bikerfreundliches Haus, uns wurde sofort die Garage fürs Motorrad zugewiesen, und auch die "etwas" schmutzigen Koffer erzeugten beim Wirt keinerlei Reaktion. Für je 20 Euro bekamen wir zwei schöne Einzelzimmer mit Frühstück.

3. Tag, Samstag, 5. Oktober 2002, 266 km
Früh haben wir erst mal ganz in Ruhe und ausgiebig gefrühstückt, um für den Tag gerüstet zu sein. So gegen 9.45 Uhr führte uns der erste Weg zu einer Waschanlage, um auch Fazzi was Gutes zu tun.  Bei rund 10 Grad und trockenen Straßen war unser erstes Ziel der Nürburgring. Auf dem Weg dorthin kamen wir noch an Schloß Bürresheim vorbei, ein wirklich sehr hübsches und sehenswertes Schloß, dass noch heut in seiner ursprünglichen Form erhalten ist, da es nie durch Kriege zerstört wurde. Nach einer kurzen Besichtigung kamen wir gerade rechtzeitig an der Nordschleife an, um die Aufwärmrunden der "Eifel Classics" anschauen zu können. Nach dieser schönen Unterbrechung machten wir uns auf zu unserem eigentlichen Tagesziel, Spa-Francorchamps in Belgien. Durch schöne Landschaften auf meist angenehm zu fahrenden Straßen kamen wir bis etwa 30km vor Spa, als uns leichte Schauer begrüßten. An der Strecke angekommen, mußten wir leider feststellen, daß auch hier ein Rennen stattfand (außerdem war mir bisher entgangen, daß Spa inzwischen auch zu einer permanenten Rennstrecke uimgebaut wurde). Also nichts mit 'ner Runde auf der Strecke. Zum Glück kamen wir durch eine Lücke im Außenzaun ohne Eintritt auf die Strecke, und ich konnte Heike wenigstens mal die "Eau Rouge" zeigen. Da wir nun doch schon eine ganze Weile unterwegs waren, erinnerten uns knurrende Geräusche aus dem Bauchbereich, daß nicht nur Fazzi Sprit braucht. Also los zum nächsten Imbiss, denn Belgien ohne Fritten geht ja nicht. Diese waren dann auch extrem lecker, was man von dem Kaffee nicht unbedingt sagen konnte. Gut gesättigt machten wir uns denn auf den Heimweg, der uns im wesentlichen wieder auf der Strecke des Vormittags entlangführte. Nasse Straßen und immer wieder mal einkleiner Schauer sorgten dafür, daß wir uns zügig in Richtung Hotel bewegten. Aber es half alles nichts, auf den letzten 30 km erwischte uns noch ein kräftiger Regen, der uns noch den letzten Rest Wärme aus dem Körper zog. Aber im Hotel gabs ja schön warme Duschen! 

4. Tag, Sonntag, 6. Oktober 2002, 151 km
Der morgendliche Blick aus dem Fenster war nicht sehr erquicklich, denn in zügigem Tempo zogen graue Wolkenfelder über uns hinweg, die auch immer wieder mal was Kühles, Nasses verloren. Also wieder mal ganz in Ruhe frühstücken, bevor der nächste Blick zum Himmel geht. Und  siehe da, der Grauton bleib zwar, aber es war immerhin trocken und insgesamt etwas heller. Also ab in die Motorradklamotten und los. Auf direktem Weg fuhren wir zur Mosel, um an ihr entlang bis Koblenz zu fahren. Auch wenn es rein motorradtechnisch keine besonders schöne Strecke ist, landschaftlich ist es herrlich. In Mosel fuhren wir erst mal zum "Deutschen Eck", dem Zusammenfluss der Mosel mit dem Rhein. Da es wieder leicht angefangen hatte zu nieseln und wir von hier einen herrlichen Blick auf die Festung Ehrenbreitstein hatten, war unser nächstes Ziel klar. Also auf zur Besichtigung der Festung. Nachdem wir uns die Festung so in den wesentlichsten Punkten mal angeschaut hatten, schlug ich vor, dass wir uns noch die Waffenkammer anschauen, denn es nieselte immer noch ganz leicht. Aber mein Töchterchen wollte nicht - lieber Motorrad fahren. Also sind wir trotz immer noch ausflockendem Sonnenschein wieder los auf die Piste, diesmal in Richtung Neustadt. Hier versprach die Karte eine schön geschlängelte Straße entlang des Flusses Wied und sie hat nicht zuviel versprochen. Auch wenn die Straße komplett nass war, es machte trotzdem Spaß durch das Tal zu  fahren. Bis Niederbreitbach fuhren wir, danach begann es wieder mal zu nieseln. Also wenden und zurück in Richtung Mayen. Obwohl es dann wieder aufhörte, fuhren wir doch zurück in das Hotel, denn morgen hatten wir eine extrem lange Tour vor uns und außerdem wurde uns doch langsam etwas frischlich unter der Kombi.

5. Tag, Montag, 7. Oktober 2002, 766 km
Der Blick auf das Thermometer ließ uns doch etwas erschauern, gerade mal 4 Grad zeigte das störrische Ding an. Aber wenigstens waren keine grauen Wolken zu sehen, sondern ein zwar leicht bewölkter, aber ansonsten blauer Himmel. Ordentlich angemummelt und voll beladen verließen wir gegen 10.30 Uhr unser gastliches Hotel. Erstes Ziel an diesem Tag war die Nordschleife, denn eine Runde auf der legendären Nordschleife hatte ich meiner Tochter versprochen. Danach sollte es dann in Richtung Heimat gehen, allerdings mit ziemlich schlechten Wetteraussichten. Auf der Fahrt zum Nürburgring hatte ich arge Bedenken, denn der Ring lag in dichtem Nebel eingebettet. An der Einfahrt zur Nordschleife angekommen mußten wir lesen, daß erst ab 12.30 Uhr Fahrten möglich sind. Also sind wir noch ein wenig um den Ring, nach Adenau und zur Nürburg gefahren, um kurz vor halb Eins wieder an der Einfahrt zu sein. Inzwischen hatte sich der Nebel doch fast verzogen, die Sonne tat ihr Werk und brachte auch die Temperaturen in erträgliche Bereiche. Also Gepäck abgeschnallt, Karte gekauft und auf dei Freigabe gewartet. Dabei mußte ich mit Erstaunen feststellen, daß meine Tochter richtiggehend nervös war. Tatsächlich, sie hatte ein wenig Angst. Mein Versprechen, nicht zu rasant zu fahren, beruhigte sie nur unwesentlich. Nachdem das Kontrollfahrzeug vom Nürburgring zurück war und die Strecke freigegeben wurde, kam der Fahrer noch kurz zu uns und einem anderen Biker und wies uns darauf hin, daß es im Bereich Brünnchen und noch einem anderen Bereich noch nasse Flecken und etwas Laub auf der Strecke gab, fand ich einfach nur Klasse. Also rauf auf den Bock, reuf auf den Ring und Gaaaaaaaaaaas. Nee nee, ich habe es wirklich halbwegs ruhig angehen lassen, schön zügig aber nicht rasen. Heike saß ganz ruhig und es war keinerlei Angst mehr zu spüren. Also so nach und nach das Tempo gesteigert, auf Grund der Bedingungen bin ich eh nicht letzte Rille gefahren, hat aber nichtsdestotrotz riesen Spaß gemacht. Als wir die Runde rum waren, strahlte Heike wie ein Honigkuchenpferd. Toll´war ihr ganzer Kommentar. In Anbetracht der Uhrzeit (kurz nach 13 Uhr) und der noch vor uns liegenden 650  km verzichteten wir auf eine zweite Runde. Also Urlaub sozusagen beendet und ab nach Hause. Da der Wetterbericht für nicht besonders klang (Nachmittags großflächig Regen, nachts eventuell Bodenfrost) hatten wir uns entschlossen, die Autobahn zu nehmen und so weit wie möglich gen Heimat zu fahren. Eventuell noch eine Übernachtung, dann morgen nach Hause. Bei Mayen auf die Autobahn und dann Stoff, über Koblenz, Limburg, Wetzlar, Giessen (incl. einmal verfahren am Nordkreuz), zum Kirchheimer Dreieck. Bereits seit einiger Zeit begleiteten uns ziemlich dunkle Wolken, am Kirchheimer Dreieck begann es dann leider zu regnen. Die nötige Pause zum Regenkombi überziehen nutzten wir zu einer Rast in der dortigen Raststätte. Einmal Spaghetti mit Tomatensoße im Plasteteller, einmal Pommes mit Ketchup  und einen kleinen Kaffe und Kakao für 12 Euro. Die Krönung war allerdings, daß wirklich nichts geschmeckt hat, sogar die Pommes waren total pampig, die Tomatensoße erinnerte mich an meine Zeit bei der Armee der DDR. Normalerweise hätte man den ganzem Mist nur zurückbringen müssen, aber ich hatte absolut keinen Bock auf Diskussionen. Also vor der SB-Raststätte am Kirchheimer Dreieck kann ich jeden nur warnen! Verbrennt Euer Geld, da wird es wenigstens noch warm. Nach dem "leckeren" Mahl ging es weiter an Eisenach, Erfurt und Hermsdorfer Kreuz vorbei Richtung Cottbus. Bei Gera legten wir wieder eine Pause ein, denn mein Magen knurrte inzwischen recht deutlich. Also rein zu McDonalds, nach dem Erlebnis am Kirchheimer Dreieck eine Wohltat. Auch wenn zu den Burgern die Meinungen sehr unterschiedlich sind, aber das Essen schmeckt wenigstens. Hier beratschlagten wir, wie nun weiter, denn inzwischen waren wir doch recht durchgefroren. Bei Kaffee und Kakao erwärmten wir uns wieder und beschlossen, bis Cottbus durchzufahren, denn wir hatten beide keinen Bock, noch mal in einem Hotel zu übernachten und morgen bei gleichen Wetterbedingungen wieder los zu müssen. Bis Dresden mußten wir noch im teilweise strömenden Regen fahren, dann klarte es auf. Das Aufklaren hatte allerdings den Nachteil, daß die Temperaturen gleich mal in den Keller gingen und wir so gegen 22.00 Uhr bei etwa 3 Grad zu Hause ankamen.

An dieser Stelle eine ganz ganz tiefe Verbeugung vor meiner Tochter Heike, sie hat die gesamte Rückfahrt nicht einmal gemurrt oder gejammert, nur halt mal festgestellt, daß es kalt ist - und weiter gings.

Liebe Heike,

dafür kann man Dir nur den Titel "Bikerbraut" verleihen!