1. Tag, Freitag, 30. Mai 1997, 512 km

Endlich sind wir wieder unterwegs, zwar bei kühlem und windigem Wetter, aber unterwegs - zu unserer Motorradwoche. Aus Cottbus kommend trafen wir uns an der Autobahnabfahrt Chemnitz mit Frank und Christina, um dann gen Süden aufzubrechen, heut hauptsächlich auf der Autobahn. Bei Regensburg sahen wir einen Zeppelin mit der Aufschrift "Tucher Weißenbier". Vielleicht war das der Grund für die kleine Irritation von Bert, denn bei Regensburg wählte er nicht die Autobahn Richtung Passau, sondern erwischte selbige nach Nürnberg. Auf dem Weg zur nächsten Abfahrt überquerten wir eine hohe Donaubrücke mit einem anmutigen Tal darunter. Deshalb fand ich diesen Umweg ganz gut, denn schöne Landschaften gehören nun mal zu einer schönen Motorradtour. Für die Übernachtung wollten wir wieder das Gasthaus in Eggmühl nutzen, das uns noch vom letzten Jahr gut in Erinnerung war. Leider waren keine Zimmer frei, so dass wir noch 15 km bei abendlichem Sonnenschein weiterrollten, um dann bei der bikerfreundlichen Wirtin des Gasthauses Ramsau unterzukommen. Nach Motorradpflege und einem schönen Abendbrot fielen wir alle doch recht erschöpft in die Betten.

 

2. Tag, Samstag, 31. Mai 1997, 378 km

Im flachen Land begannen wir heut früh, nach einem sehr guten Frühstück, unsere Reise - jetzt sitzen wir mitten in den Bergen in unserer Ferienwohnung in Vöran in einer Höhe von 1204 Metern. Die Sonne war uns von früh an treu, aber ein recht frischer Wind verhinderte angenehme Temperaturen. Um 11.33 Uhr überquerten wir die österreichische Grenze, um dann parallel zur Brenner-Autobahn Österreich zu durchqueren. Gegen 15.oo Uhr hatten wir dann mir ordentlich Hunger in den Bäuchen Italien erreicht. Gleich an der Grenze wurde dann Geld getauscht und erst mal ordentlich geschlemmt. Gestärkt und auch etwas ausgeruht machten wir uns dann auf den Weg nach Vöran - über den Jaufenpaß in 2084 m Höhe. Voriges Jahr erfror uns an der Jaufenhütte fast der Ar..., sorry die Hände,  heut' genossen wir die Sonne und die tolle Aussicht. Und das Befahren der Tornantis klappte auch schon wieder ganz gut. Erstaunt waren wir über den doch recht dichten Verkehr, natürlich auch viele Motorräder. Gestört haben allerdings vor allem die Wohnmobile, die sich mit einem Affenzahn die Berge hochquälen, in den Kehren fast stehen bleiben und einen danach in eine dicke Abgaswolke einnebeln.

Kurz hinter Meran wollten wir dann tanken, und hier griff Dirk so richtig in die Sch...! Da seine BMW einen KAT hat, muss er bleifrei tanken. Da Dirk die Beschriftung der Säulen nicht kannte, erwischte er natürlich prompt die falsche und ließ sich den Tank voll verbleiten Sprit füllen. Zum Glück bemerkten wir das Missgeschick noch, bevor er den Motor startete. Also Tank komplett ablassen und neu füllen. Andreas half ihm bei dieser Prozedur, während der Rest in Richtung Ferienwohnung aufbrach, um unseren Ankunftstermin zu halten. Hier klappte dann auch alles völlig unkompliziert, und wir bezogen unsere sehr schöne Ferienwohnung. Dirk und Andreas trafen etwas später auch noch ein, der Tankwart hatte den abgelassenen Sprit einfach wieder in den Tank gekippt und nur eine Tankfüllung berechnet.

 

3. Tag, Sonntag, 1. Juni 1997, 81 km

Wir hatten zwar gestern Abend beim Bierchen eh schon geplant, heut' keine allzu große Tour zu unternehmen, um den Hinterteilen etwas Erholung zu gewähren, aber muss es deshalb gleich den ganzen Tag schütten? Als wir um halb Neun aus den Betten krabbelten, erwartete uns draußen eine graue Waschküche. Mit Frühstück, quatschen und einem recht teuren Mittagessen im Gasthaus "Zum Oberwirt" vertrieben wir uns die Zeit bis zum Nachmittag. Dann regnete es endlich nicht mehr, sondern wir steckten "nur noch" in einer grauen Wolke, die naturgemäß etwas Feuchtigkeit abgibt. Trotzdem wagten wir eine kleine Tour über Terlan nach Bozen, um nicht den ganzen Tag untätig herumzusitzen. In Bozen besorgten wir dann nach vielem Gesuche noch etwas schweineteures Bier, aber ohne Gerstensaft konnten wir doch den Abend sonst nicht genießen. Über Jenesien wollten wir dann zurückfahren, kamen dabei natürlich am "Gscheibten Turm" vorbei. Hier wollten wir den anderen die Alte Jenesiener Straße zeigen, die sich mit Steigungen zwischen 22 % und 30 % und sehr engen Kehren den Hang raufschlängelt. Doch als wir dort ankamen, rief Andreas schon von Hinten: "Na dann Gaaaas und hoch"! Dirk bedauerte hinterher, dass er die Bierbüchsen in seinem Topcase hatte, denn die wurden auf diesem Stück ordentlich durcheinander gewirbelt. Frank war der Meinung, dass das Vergnügen leider viel zu kurz war, also die neue Straße mit den schönen Tunneln und einem Kehrtunnel wieder runter und die Alte wieder hoch. Man muss ja wenigstens etwas aus einem solchen Tag machen.

Leider hielt der Tag noch weitere "Vergnügen" für uns bereit. Bei der Rückfahrt von Jenesien nach Vöran über eine Straße der allerletzten Ordnung wurde Andreas kurz vor einer engeren Kurve von einer Brücke überrascht, die mit Holzbohlen in Fahrtrichtung belegt waren. Und das Ganze natürlich klitschnass. Als Andreas den Holzbelag erkannte, war es bereits zu spät. Bremsen ging nicht, aber die Kurve mit dem Tempo (zum Glück höchstens 40) auch nicht. Also in einen schräg führenden Waldweg als Notausgang, aber durch den lockeren Sand und die Schräge ließ sich ein Sturz nicht vermeiden. Bert hüpfte schnell vom Motorrad, um Andreas aufzuhelfen, derweilen musste ich Yammi halten (Dies sollte noch Nachwirkungen haben). Voller Wut auf sich, die blöde Brücke, die nassen Straßen, auf dieses und jenes und alles im Allgemeinen und Besonderen warf Andreas seine Handschuhe auf den Boden. Nach Bestandsaufnahme (kaputte Windschutzscheibe, gebrochenes Blinkerglas) konnte er dann aber wieder etwas lächeln, denn ihm war nichts passiert.

Der nächste Schreck kam direkt am Ferienhaus: Dirk stellte seine BMW F650 auf den Hauptständer, doch wenige Sekunden später krachte es hinter uns. Die BMW hatte sich zur Erholung an den zum Glück stabilen Lattenzaun gelehnt. Leider bekam dabei ebenfalls die Scheibe was ab, die er erst vor einer guten Woche neu montiert hatte.

Jetzt am Abend machen wir es uns gemütlich: Steaks und Bratwürste brutzeln auf dem Grill, das frische Bierchen schimmert golden im Glas und die Stimmung ist trotz der Pleiten gut. Nur draußen können wir leider nicht sitzen, weil es endlich wieder mal regnet. Dafür erwarten wir aber morgen blauen Himmel und strahlenden Sonnenschein.

 

4. Tag, Montag, 2. Juni 1997, 358 km (Bert & Jana 387 km)

Das Wetter zeigte sich früh recht wechselhaft, etwas Niesel, aber auch aufreißende Wolkendecke. Also ganz ruhig den Tag angegangen, Andreas und Dirk haben mit reichlich Klebeband erst mal die Windschutzscheiben und den Blinker repariert. Gemeinsam fuhren wir dann nach Bozen und dort auf die Autobahn Richtung Gardasee. Denn auch wenn der Himmel dort genauso voller Wolken hing, wurde es aber immer wärmer. In Arco haben wir noch gemeinsam zu Mittag gespeist haben. Hier lernten wir ´mal die italienische Gemütlichkeit kennen, ein kleines Essen mit meistens Pasta-Gerichten dauerte auf Grund der fußlahmen Bedienung etwa 90 Minuten.

Nach dem Essen trennten sich unsere Wege, den Andreas, Dirk und Frank & Christina wollten ein Stück um den Gardasee fahren und dann mit der Fähre von Torri nach Toscalono-Moderno übersetzen. Sind halt Fähren-Fans - und da musste natürlich eine Überfahrt am Gardasee sein. Zurück fuhren sie dann entlang der Autobahn, ein Stückchen auch auf ihr. Auf dem letzten Stück zur Ferienwohnung hatten sie leider noch zwei Erlebnisse der unangenehmen Art, Dirk verschätzte sich in einer Kurve und musste den Notausgang auf eine Wiese nehmen und Frank kippte bei einem Halt mit seiner VX einfach nur um, weil er mit dem Fuß wegrutschte. Ergebnis: Eine verbogene Fußraste an der BMW und ein ausgerissener Spiegel an der Susi. Nun könnte es doch aber mit den Erfahrungen langsam reichen.

Bert & Jana fuhren ab Arco über Riva del Garda zum Ledersee (Lago di Ledro), der uns landschaftlich unwahrscheinlich gefallen hat. An seinem Ufer gibt es auch einen schönen Campingplatz, der allerdings recht teuer ist. Von dort ging es weiter zum Trimalzo-Paß, die Anfahrt war allerdings nicht ganz so schön, wie wir es erwartet hatten. Weiter wollten wir eigentlich eine unbefestigte Straße wieder runter zum Gardasee, die im Denzel sehr interessant beschrieben war. Doch leider ist der Weg seit 1995 für Motorräder gesperrt. Also wieder auf dem Hinweg zurück nach Riva. Einen kleinen Abstecher machten wir noch nach Pregasino, von wo man einen herrlichen Ausblick über fast den ganzen Gardasee hat.

Die tollste Strecke des Tages erwartete uns jedoch auf dem Stück von Arco über Castellano nach Trento. Hier erwarteten uns toll geschwungene Kurven, nicht zu enge Kehren, Senken und Steigungen und Landschaft vom feinsten. Die Strecke sollte man auf jeden Fall mal unter die Räder nehmen. Ziemlich geschafft rollten wir dann in Trento auf die Autobahn, um schnell nach Hause zu kommen. Als wir dort gegen 20.30 Uhr ankamen, waren wir noch die Ersten. Die anderen folgten aber nicht allzu viel später, danach wurde noch schön gegrillt und ein klitzekleines Gerstenkaltschälchen genossen.

 

5. Tag, Dienstag, 3. Juni 1997, 193 km (Bert & Jana 301 km)

Während sich die drei Lü's und Dirk heut um eine Raftingtour für morgen gekümmert haben, sind Jana & Bert in den südlichen Dolomiten rumgekurvt. Kurz nach Bozen in Richtung Klausen bogen wir auf eine kleine niedliche Straße nach Steinegg ab. Gleich nach der Abfahrt wurden 15 Kehren angekündigt, die dann auch kamen, immer schön eine nach der anderen. Dabei erlebten wir wieder diese Faszination - bereits nach wenigen Kehren lässt man den Stress und den Dunst der Fernstraße hinter sich und kann die Ruhe und schöne Luft sowie Landschaft genießen. Der weitere Weg führte uns am Karerpaß mit Karersee (der Parkplatz dort sah aus wie ein Polenmarkt) vorbei bis nach Piazzo. Dort bogen wir auf die S48 nach links ab und fuhren über Predazzo auf den Rollepass (1989 m). Dort hatte uns dann leider die Regenwolke fast eingeholt, die sich von Süden kommen den Dolomiten näherte und uns dann unterhalb der Marmolada leider auch eingeholt hatte. Bis dahin fuhren wir vom Rollepass wieder ein Stück zurück und dann zum Passo di Valle (2032 m). Auf den Stufen einer kleinen Holzkapelle aßen wir unser Mittag, ein belegtes Brötchen. Die nächsten Station war der Eingang zur Sottogudaschlucht. Bei der ersten Fahrt durch die kurze, aber imposante Schlucht filmten wir die Fahrt vom Motorrad aus, bei der zweiten Fahrt filmte ich Bert von der Brücke der neuen Straße aus - oh Gott war mir hinterher von der Höhe und dem ständigen runterschauen schlecht. Bei der dritten Runde kamen wir nur noch zu einem Foto, denn es begann bereits zu nieseln. Das nächste Ziel war der Fedaja-Paß (2047 m), wo wir in der Gaststätte am Staudamm Kaffe und leckeren Apfelstrudel schnappulierten. Gerade als wir wieder auf dem Mopped saßen und weiter wollten, öffnete der Himmel seine Schleusen und schickte viel Wasser mit etwas Schnee herunter. Also noch mal zurück in die Gaststätte, in die Regenkombis gezwängt und los. Da zwischenzeitlich auch noch Blitz und Donner zum Regen kamen, fuhren wir auf kürzestem Weg zurück nach Bozen. Die letzten Kilometer vor Bozen waren noch mal ein sehr interessantes Stück, da die Straße in einer Art Schlucht entlang führte. Um 18.15 Uhr waren wir dann in der Unterkunft, wo der Grill angeworfen wurde und ein Schlücklein eines erquickenden Getränk's uns labte.

 

6. Tag, Mittwoch, 4. Juni 1997, 332 km (Bert, Jana & Andreas 414 km)

Kurz vor der geplanten Abfahrt zum Rafting kam unsere Vermieterin - sie hatte einen Anruf bekommen, dass das Rafting verschoben werden muss. Da wir die nächste Tour schon geplant hatten, war das kein Problem für uns: Jana, Bert und Andreas wollten Stilfser Joch, Berninapaß (Schweiz) und Umbrailpaß nebst weiterer Pässe unter die Räder nehmen, Christina, Frank und Dirk hatten sich die berühmte 4-Pässe-Tour (Pordoi-, Sella-, Grödner- und Campolognopaß) der Dolomiten auf das Roadbook geschrieben, die wir ja bereits im vergangenen Jahr abgefahren sind.

Unsere Tour zu beschreiben fällt etwas schwer, da wir von 9.00 bis 13.00 Uhr unterwegs waren und man halt in 13 Stunden so einiges erlebt. Der erste "Höhe"-punkt im wahrsten Sinne des Wortes war das Stilfser Joch in 2.756 m Höhe, die mit Hilfe von 48 Kehren erklommen werden. Leider hatten wir auf dem ersten Stück ein paar langweilige Autos vor uns, aber nach ein paar beherzten Überholmanövern konnten wir die Strecke und den Blick in Richtung Berge voll genießen. Nach kurzem Souvenirkauf auf dem Stilfser Joch (Bergmineralien für Töchterchen, Schweizer Taschenmesser für den Sohn - alles viel zu teuer - aber auf dem höchsten Pass Italiens gekauft, sieht später keine Sau!) durften wir in Richtung Bormio auf der Westrampe 39 Kehren bewältigen. Von Bormio bis Tirano war es ein recht langweiliges Stück, nach der tollen Gebirgslandschaft um das Stilfser Joch herum auch kein Wunder. Hinter Tirano fuhren wir zum ersten Mal in die Schweiz ein, aber irgendwie sah alles so aus wie in Italien. Erster Anfahrtspunkt in der Schweiz war der Berninapaß in 2328 m Höhe. Von dort fuhren wir noch ein Stück weiter nach Morteratsch um uns mal den Berninagletscher nah anzuschauen. Eine blöde Idee, wie wir später feststellen mussten. Der Gletscher war zwar sehr eindrucksvoll - vor allem die Geschwindigkeit, mit der er abschmilzt (20-30 m/Jahr, durch Schilder markiert) - aber ne knappe Stunde in voller Motorradmontur bei schönstem Sonnenschein zu wandern, bringt einen schon sehr ins schwitzen. Gegen 17.00 Uhr landeten wir wieder bei unseren Motorrädern, spätestens jetzt wurde uns klar, dass heut ein sehr langer Tag werden würde. Also erst mal wieder zurück über den Berninapaß, dann über den Livignopaß (2.315 m) wieder hinein nach Italien, allerdings in zollfreies Gebiet. Eigentlich wollten wir schnellstmöglich was essen, denn die Mägen waren schon grimmig, aber außer einem kleinen Lebensmittelladen fanden wir nichts geeignetes. Aber immerhin, etwas essbares gab es. Schnurstracks ging es dann durch das Tal zum "Lago di Livigno", von dem aus wir durch einen 4 km langen gebührenpflichtigen einspurigen Tunnel zum zweiten Mal an diesem Tag die Schweiz erreichten. Nach dem geilen Tunnel ging es in beschaulicher Fahrt hoch zum Ofenpaß (2.149 m), von wo aus wir einen herrlichen Blick auf das Münstertal sowie die umliegenden z.T. schneebedeckten Berge genossen. Unter anderem konnten wir in Richtung Umbrailpaß schauen, unserem nächsten Ziel an diesem Tag, besser Abend. Die Anfahrt aus dem Münstertal ist ziemlich interessant zu fahren, einige recht enge, unübersichtliche Kurven sowie die letzten Kilometer vor dem Paß nur gut befahrbare Schotterstraße, das  alles machte die Fahrt zum Paß doch sehr interessant. Das Schild mit dem Namen "Umbrailpaß" und der Höhenangabe von 2.501 m war mit einer Schneehaube bedeckt, so wie auch die Straße auf dem letzten Stück immer wieder von meterhohem Restschnee flankiert war. Vor der direkten Fahrt ins Quartier mussten wir erst noch mal über das Stilfser Joch, aber zum Glück sind vom Umbrailpaß zum Stilfser Joch nur wenige Kurven zu fahren. Gegen 20.00 Uhr überquerten wir das Joch und brausten  die 48 Kehren nach unten. Zum Glück war um diese Zeit kaum noch Verkehr. Hinterher hatten sowohl Andreas als auch Bert die Nase gestrichen voll von Kehren. Auf dem Heimweg gönnten wir uns in einer Pizzeria noch ein paar Spaghetti und 'ne schöne Pizza, bevor wir dann endlich in totaler Dunkelheit gegen 22.00 Uhr in Vöran ankamen. Todmüde versanken wir dann nach einem sehr schönen, aber noch anstrengenderen Tag in die Betten, in der Gewissheit, dass wir uns heut mit dem Fahrtpensum etwas verkalkuliert hatten. Auch wenn 414 km so nicht sooo viel sind, aber durch die 7 nicht gerade niedrigen Pässe mussten wir so viele Kehren fahren, dass die Unterarme am Abend doch sehr deutlich zu spüren waren. 

Aber Spaß gemacht hat es trotzdem!

 

7. Tag, Donnerstag, 5. Juni 1997, 194 km

"Nach einem guten Spiel soll man passen", sagt eine alte Spielerweisheit. Aber bisher wußten wir noch gar nicht, daß auch der Wettergott unter die Spieler gegangen ist. Heute präsentierte sich beim recht späten Aufstehen der Himmel grau in Grau, einfach nur eklig. Na gut, zu einer großen Tour hatten eh alle keine rechte Lust, also erst mal ganz in Ruhe und ausgiebig gefrühstückt. Erst gegen 12 Uhr begaben wir uns auf eine kurze Tour, die letztendlich doch knapp 200 km lang wurde. Wir besuchten das Gampenjoch (1.518 m, leider gab es hier keinen Aufkleber für unseren Koffer), umkreisten den Lago di S. Gustino und überquerten bei wieder schlechter werdendem Wetter den Mendelpaß (1.363 m).

Ein Abstecher führte uns zwischendurch zur Einsiedelei San Romedio. Erst kurz vor der Einsiedelei, bis zu der man übrigens auf einer kleinen Straße fahren kann, taucht ganz unvermittelt der steile Felskegel auf, an dem die verwinkelte Häusergruppe klebt. Über eine steile Treppe steigt man hinauf zur Capella die San Romedio, die aus der Zeit um 1000 stammt. Sehr spannend ist auch ein Blick in den angrenzenden Bärenzwinger. Die darin wohnenden Braunbären sollen an die Legende erinnern, dass Romedius auf einem Bären durch die Landen geritten sein soll.

Das nächste bemerkenswerte Bauwerk bestaunten wir kurz vor Cagno, eine schätzungsweise 200 m hohe Brücke über einen Seitenarm des Stausees. Bei einer kleinen Rast bestaunten wir alle den Blick in die Tiefe, es konnte einem fast ein klein wenig übel werden. Bert und Dirk ließen auch Steine nach unten fallen, die brauchten etwa 6 Sekunden bis zur Wasseroberfläche, wo sie mit lautem Knall aufklatschten. Uns hat's gefallen - ich denke mal den Anglern unten am See nicht so sehr. Der Rückweg führte uns dann quer durch endlose Apfelplantagen durch Lana, wo wir die obligatorischen Steaks für den Abend einkauften.

 

8. Tag, Freitag, 6. Juni 1997, 209 km

Heut stand nun endlich das Rafting auf dem Programm, pflichtgemäß strahlt dazu die liebe Sonne vom Vormittagshimmel. Der Treffpunkt war in Franzensfeste vereinbart, dorthin nahmen wir über die wunderschöne Strecke durch das Sarntal und über das Penser Joch (2.214 m) unter die Räder. Eine kurze Schrecksekunde hatte Dirk bei der Abfahrt auf der alten Jenesiener Straße (Steigung zwischen 22 % und 30 %), als seine Hinterradbremse den Dienst verweigerte. Zum Glück hatte er sie nur etwas überfordert, nach ein paar Minuten Abkühlung war alles wieder ok.

Auf dem ersten Teil der Strecke durch's Sarntal führt die Straße durch etwa 20 Tunnel, die meisten davon unbeleuchtet und teilweise mit Kurven. Wirklich sehr beeindruckend, manchmal fast ein wenig zum fürchten. Oben auf dem Penser Joch empfingen uns so 30 bis 40 Ferraris, die einem holländischen Ferrariclub angehörten. Ein tolles Bild! So langsam mußten wir uns dann sputen, die Abfahrt vom Penser Joch wurde in etwas zügigem Tempo erledigt. Pünktlich erreichten wir unseren Treffpunkt.

Und dann kam das Rafting auf der Eisack, einfach nur toll. Schön, aufregend, spannend, naß, anstrengend - all das kann es nur unvollständig beschreiben. Insgesamt befuhren wir ca. 18 km Eisack mit den Schwierigkeitsstufen 2 bis 5. Herrmann - unser Schlauchbootführer - gab sich alle Mühe, uns reichlich Schikanen, Tricks und Gischt kennen lernen zu lassen. Mehr kann man dazu gar nicht schreiben - man muß es erleben.

Unsere "Henkersmahlzeit" nahmen wir wieder in der Martin-Stube ein, denn morgen geht es wieder auf den Heimweg. Zum Abschied erhielten wir vom Wirt noch ein Abschiedsschnäpschen, man muß ja schließlich auftanken.

 

9. Tag, Samstag, 7. Juni 1997, 427 km

Abreisetag - aber was für einer. Sonnenschein und Hitze vom frühen Morgen an, uns wurde ganz schön warm in unseren Kombis. Als erstes verabschiedeten wir uns von Frank und Christina, denn die beiden verlängerten den Urlaub noch um eine Woche in der Schweiz.

Unser Weg führte uns durch das Arntal, über den Stallersattel (2.056 m) erst mal zu den Krimmler Wasserfällen in Österreich. Auf diese war insbesondere Bert sehr gespannt - und dann die Enttäuschung. Totale Touristenabzocke, Gebühren ohne Ende, sogar der Wanderweg zu den Wasserfällen sollt Fußgängermaut kosten. Also begnügten wir uns mit einem Blick aus der Ferne, ein bis zwei Fotos (es kam kein Gebührenbescheid) und fuhren schnell weiter. Die nächste Rast legten wir erst wieder kurz hinter dem Grenzübergang Schlechting ein, beim Cafe Berti. Nach einem leckeren Stück Kuchen und einem Kaffe ging es weiter. In Unterneukirchen fanden wir ein nettes, familiäres Gasthaus, in dem wir die letzte Nacht unseres Bikerurlaub's angenehm verbrachten.

 

10. Tag, Sonntag, 8. Juni 1997, 544 km

Leider zeigte sich die Entscheidung, auf dem letzten Teil der Rückfahrt durch die Tschechei zu fahren, als Fehler. Durch die vielen Ortschaften sowie die relativ schlechten Straßen kamen wir sehr viel langsamer voran, als wir gehofft hatten. Die Katastrophe erwartete uns dann allerdings auf dem Stück von Zinnwald nach Dresden, eine durchgehende Blechlawine im Tempo einer Weinbergschnecke.

Schrecklicher Abschluss einer schönen Woche, in der wir insgesamt 3.447 km unter die Räder nahmen und trotz einiger kleiner Missgeschicke alle wieder gesund und munter zu Hause ankamen.